Luftige Höhen – ein Erfahrungsbericht

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16.05.2022 · EIN BERICHT VON MARTIN SEITZ

Ausgerechnet einem Mannschaftssportler wie mir musste so etwas passieren: Klettern! Jemand, der sich über eine gemeinschaftliche Sportleistung freut wie andere über ein Schnitzel, der das Team über jede Einzelleistung stellt, ausgerechnet so einer muss einen Einzelsport machen. Entschuldigung, DARF einen Einzelsport machen…aber mal von Anfang an…
Los ging es eigentlich mit einer gemütlichen Runde im Wohnheim. Dort kam der Vorschlag auf, man könnte doch eine Klettergruppe gründen. Viele unserer Bewohner hätten im Internat positive Erfahrungen schon mal in diesem Bereich gesammelt. Und nun war der Wunsch vorhanden, diese damaligen Erfolge zu wiederholen. Laut unseren „Experten“ wäre das ja „Kinderleicht“ und „kein Problem“. Dass aber ausgerechnet diese Bewohner mittlerweile auch schon in die Jahre gekommen sind und nicht mehr ganz so flexibel und beweglich sind, wie sie es vielleicht als Jugendliche waren, wurde geflissentlich ausgeblendet… – aber dies ist eine andere Geschichte.
Daraufhin wurden im Team Freiwillige gesucht (man kann auch in diesem Sinne von „Zwangsrekrutierung“ sprechen) und auch gefunden. Michaela Reinwald und Martin Seitz waren natürlich sofort von dieser Idee begeistert (ich bin nicht umsonst ein Fußballer – da findet alles am Boden statt!) und fleißig wurde an einem Konzept gearbeitet. Folgende Eckpunkte waren uns wichtig: Als verantwortliche Betreuer wollten wir Sicherheit beim Klettern bieten und vermitteln.

Wir wollten das Klettern (und die dazugehörige Sicherungstechnik) gemeinsam mit unseren Bewohnern professionell erlernen. Und wir wollten nicht abgeschottet in irgendeiner Halle lernen sondern im DAV Kletterzentrum in Lappersdorf zu normalen Öffnungszeiten am öffentlichen Leben teilhaben. Als Mitstreiter konnten wir Marcel Knopp, Michael Pschierl, Marco Reindl und Thorsten Deckert gewinnen.
Durch die Unterstützung und Ideen von verschiedenen Seiten bekamen wir durch „Aktion Mensch“ eine kräftige Förderung und legten gleich mal mit dem Kauf einer Kletterausrüstung los. So bekam jeder der Teilnehmer (am Schluss waren wir dann zu sechst) passende Kletterschuhe, einen Klettergurt und einen Chalk-Beutel. (Was der Kletterer als Chalk kennt, nennt der Chemiker Magnesiumcarbonat und der Turner Magnesia. Es trocknet die Hände und verhindert so effektiv, dass man an jedem Klettergriff gnadenlos abtropft. Das wusste ich übrigens vorher auch nicht, hat mir Wikipedia beigebracht.) Auch zwei Seile, diverse Karabiner, Sicherungsgeräte und ein Kletterrucksack gehörten von nun an zur Ausstattung der Gruppe.

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Voller Motivation und mit hohen Erwartungen wollten wir in die Kletterhalle aber gingen erst mal in den Lockdown…
Für manche, die schon gehofft hatten, sich in ihrem Alter nicht mehr in luftige Höhen schwingen zu müssen, ging aber auch diese Situation zu Ende. Und so wurde mit Jonas Lang ein erfahrener DAV Klettertrainer ins Boot geholt, der unsere Jungs (und zuletzt auch uns) noch immer ganz schön ins Schwitzen bringt. Man kann sich gar nicht vorstellen, auf was man alles achten muss: drück deinen Körper an die Wand, arbeite mehr mit den Füßen, schau auf die Griffe, konzentrier dich, mach schneller, mach langsamer (also was jetzt???). Und dann noch der Achter!
Der Achter ist nicht die Erweiterung des Schulnoten-Systems oder die Beschreibung eines übergewichtigen Sportlers, nein er ist eine besondere Art eines Sicherungsknoten. Er ist eigentlich recht einfach, aber bei den Worten „und dann, nachdem ich locker um die Kurve komme, steche ich mitten rein ins Auge“ entstand Kopfkino und ich stieg aus… eigentlich wollte ich doch nur Klettern lernen… aber bevor ich ein Luis Trenker für Arme werden sollte, Üben und Üben.

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